Union gegen Fürth 19.09.15

Ich interessier mich ja weniger für so Taktikgedöns.
Ich geh zum Fußball, um Kumpels zu treffen,
um das einzigartig virulente Union Gefühl zu haben,
um auch mal außerhalb der eigenen Filterblase zu kommunizieren,
und um mal so richtig laut zu brüllen, wie man das sonst nur selten kann in unserer durchorganisierten und politisch korrekten Zeit.
Urschreitherapie für günstig, quasi.
So kann ich einmal die Woche „Wir gegen Die“ spielen und muss dann im alltäglichen Leben nicht sinnlos Menschen vollmaulen.
Ich find’s klasse.

unionfürth

Darüberhinaus mach ich mir selten Gedanken über das, was diese Industrie und nichts anderes ist der Profifußball, machen wir uns nix vor; sonst so anstellt.
Die Fanszenen find ich dagegen sehr spannend und bin da auch ganz gut vernetzt mittlerweile.
Deswegen will ich hier auch keine fußballerischen Dinge röntgen,
die schon x-mal durchleuchtet wurden, sondern meine eigenen Eindrücke verarbeiten, wenn mir danach ist.
Für den taktischen Kram rund um den 1.FC Union Berlin gibt’s ja das Team vom Textilvergehen, das just heute seinen neuen Spieltagspodcast veröffentlicht hat (Teve 235).

Zum Wesentlichen

Ankommen.
Dönerbier.
Abklatschen.
Zur Alten Försterei latschen.
Auf dem Weg Smalltalk.
Anstellen, Flasche rechtzeitig leeren, freudig Eintrittsberechtigung zücken und..
Ein beunrigender Ton des Kontrollscanners.
Ich Honk hatte die Dauerkarte der vergangenen Saison dabei.
Gratulation.
Für den im Allgemeinen sehr abergläubigen Fußballfan wäre das jetzt schon ein untrügerisches Zeichen gewesen, daß da nix Gutes nachkommen kann, aber mir sind solche Zeichen der Götter ja eher schnuppe.
Für die Möglichkeit des Ersatzkartenerwerbs danke ich jenen Göttern allerdings vielmals.
Dieses Verhalten nenne ich übrigens „Flugzeugtheismus“:
Wenn das Flugzeug komische Geräusche macht, glaub ich auch an Gott, sonst eher nicht.

Das man neuerdings zwölf Stunden vor Spielbeginn auf der Waldseite stehen muß, um da stehen zu dürfen, wo man immer steht, erleichtert mir das Aufstehen übrigens nur bedingt.
4 mal „Stehen“ im Satz ist in diesem Fall ein literarischer Kunstgriff, denn wie sagt der Kurvenchor so schön: „Steht auf, wenn ihr Unioner seid!“.

Vom Spiel bekomme ich dann eh wenig mit, weil neuerdings auch vor unseren Nasen eifrig mit beeindruckend großen Fahnen gewedelt wird.
Das 1:0 erlebte ich mehr so stroboskopartig und der Lattenknaller von Kreilach verschwand ganz hinter rot-weißem Fahnenstoff.
Die Kurve war ansonsten etwas müde, aber was will man an einem Sonntagmorgen kurz nach Sonnenaufgang auch erwarten.
Ich hab da vollstes Verständnis für und die zweite Halbzeit förderte ja auch wenig erquickendes zu Tage.
Trotzdem gabs ganz ordentliche Pegelspitzen.
Besonders lebendig wurde es nochmal, als Kessels Tor aberkannt wurde.
Wut kann etwas sehr Aufrüttelndes sein und nichts belebt eine Fangemeinschaft mehr, als eine strittige Schirientscheidung.
Darüberhinaus war ich sowieso heiser, weil siehe oben.
Stichwort: Urschrei.

Was ich nicht verstanden habe und was mir persönlich echt missfallen hat, war das beklatschen von Fürths Anti BILD Choreo, um gleich darauf auf „Wir sind eure Hauptstadt, ihr Bauern“ umzuschwenken.
So sehr ich diesen Schmähgesang auch schätze, fand ich ihn da aber sowas von deplatziert.
An jeder anderen Stelle der Begegnung, hätte ich nichts zu meckern gehabt.
Ein wenig Sportsgeist kann man sich auch im „Wir gegen Die“ Modus bewahren und hier regiert sowieso nur der FCU.

Ich bin dann nach Abpfiff weniger bierseelig als sonst zu Bekannten vorbei, die gleich in der Hämmerlingstrasse wohnen, um mir die Zusammenfassung der 1:2 Niederlage auf einem Pay TV Kanal anzuschauen, dessen Namen ich nur nennen täte, wenn ich für diese Werbung entsprechend bezahlt werden würde.

Das mit dem Fernseher um die Ecke ist übrigens ganz praktisch, weil mit der Bahn kommt man an Matchdays eh nicht aus Köpenick weg.
Jedenfalls nicht zeitnah oder ohne entsprechend engen Körperkontakt.
Ein weiterer Grund, aufzusteigen?
Vielleicht gibt’s ja dann endlich Sonderzüge an Heimspieltagen?
Die Antwort darauf wissen vermutlich nur die Götter…

Eisern

PS: Oktoberfest in der Alten Försterei, seriously?