Ich bin ein grosser Fan von Totenköpfen in allen Variationen. Das ist hauptsächlich der Pirat in mir, vermute ich mal.
Jedenfalls fallen mir Schädel immer sofort ins Auge, egal wo ich sie sehe. Darüberhinaus lässt mich meine Vorliebe für Streetart meist eh mit Lichtmasten und Stromkästen absuchenden Augen durch die Stadt gehen. So ist es wenig verwunderlich, dass mir dabei im Wedding in letzter Zeit eine Menge Sticker mit Totenkopfmotiven auffielen, die offensichtlich vom selben Künstler stammten.
Ich habe zwei bis drei davon schnappgeschossen und auf Instagram gepostet. Irgendwann addete mich dort ein gewisser „Wudy“, der als Avatar einen dieser Aufkleber hatte. Nach kurzem hin und her war klar, das eben jener Wudy der Schöpfer dieser wunderbaren kleinen Kunstwerke ist. Ich fand zudem heraus, dass das alles handgearbeitete Unikate sind.
Es ist ja immer sehr faszinierend, wenn jemand soviel Aufwand für die Strasse betreibt. Finde ich auch an Graffiti spannend. Kunst ohne Galerie Schnick Schnack. Mit dem klaren Bewusstsein, dass nichts davon für die Nachwelt oder gar die Ewigkeit gemacht ist. Ehrlich und direkt. Alles das, was die visuellen Werbeattacken, denen man täglich ausgesetzt ist, nicht sind.
Beim letzten Familienspaziergang passierte es nun, dass wir wohl zufällig einen Klebeweg von Wudy abgelaufen sind, denn an jeder Ecke leuchtete ein neuer Aufkleber von ihm. Das war eine lustige Schnitzeljagd. Am Ende hatte ich dann soviele Fotos, dass ich die unmöglich alle auf Instagram hätte posten können
Warum also nicht einen Blogpost dazu machen.
Nur mit den Fotos allein vielleicht ein wenig langweilig, aber was schreib ich noch dazu?
Ich weiss ja quasi nichts über den Künstler.
Also hab ich Wudy gefragt, ob er nicht Bock hat auf ein Treffen im Park bei Sonne und Tütchen.
Fragen kann man ja mal.
Wie sich herausstellte ist Wudy ein geselliger Typ. 32, aufgewachsen im Prenzlauer Berg und lebt seit kurzem im Wedding. Also quasi auf der anderen Seite der Mauer, durch deren offene Schranken er auf väterlichen Schultern am 9. November über die Bornholmer Brücke getragen wurde. Soweit, soviel Berliner Historie. Ansonsten ist Wudy nämlich alles andere als der klischehafte Berliner Künstler mit unstetem Leben und Party bis die Inspiration kommt. Im Gegenteil. Ideen hat Wudy genug, nur viel zu wenig Zeit. Ein Workoholic sei er früher gewesen, 70 bis 80 Wochenstunden und dann noch Kunst. Ich hebe beeindruckt die Braue, als er weiter ausführt, wie sehr er seinen Job als Kundenberater in einem Berliner Start-up schätzt. Eine Ausbildung in der Verwaltung hat er gemacht und auch schonmal im Jobcenter gearbeitet, aber das war psychisch nicht sein Ding.
Nun, das ist jetzt nicht soooo verwunderlich.
Man merkt sehr deutlich, der Mensch hat einen Plan. Jeder Strich, jeder Untergrund, jedes Motiv haben eine eigene Symbolik und Bedeutung, die Wudy darlegt, ohne darüber nachzudenken oder sie mit akademischen Blabla auszuschmücken. Kurz, präzise und überlegt. Wudy will seine Kunst unter die Leute bringen und dabei geht’s ihm weder um Ruhm noch um Geld. Wudy macht die kreativen Dinge, die er tut, weil er sie tun muss. Der Urtrieb des schöpferischen Geistes strahlt aus jedem seiner Sätze: Es muss getan werden.
Die Aufkleber, die er mitgebracht hat, werden von ihm im Gespräch ausführlich beschrieben. Von der Idee erzählt er mit glänzenden Augen, vom Herstellungsprozess und den Materialien. Möbelfolien mit Linoliumschnittdrucken. Billiardtischbezugsstoff mit Stencilzeug. Nächtelanges ausprobieren von Möglichkeiten. Der Mann besitzt da ein Wissen, das ihm selbst gar nicht bewusst ist. Unglaublich viel Aufwand, für etwas, das die meisten gar nicht wahrnehmen. Verrückt, aber die gute Form davon.
Angefangen hat Wudy angeleitet von Buder, einem Grossmeister der Berliner Stickerkunstszene. Allerdings bezeichnet Wudy sich selbst als Spätzünder. Seine Kumpels sind alles gestandene Writer und Stencilkünstler, wie er darlegt, selbst hatte er jedoch nie die Ambition, weil er es sich einfach nicht zugetraut hat. Keine Ahnung, was dann letztendlich den Ausschlag gab, diese Ansicht umzukrempeln, aber die Entscheidung war gut. Die ersten Motive bestanden dann aus lustigen Warnschildern, die zum Beispiel darauf hinwiesen, was im Falle einer Zombieapokalypse zu tun ist.
Die Totenköpfe kamen erst später, als die Botschaft plakativer und weniger umständlich werden sollte. Zu Schädeln hat Wudy ein ähnliches Verhältnis, wie ich: Sie sind ein bisschen morbid, aber auch piratig und jeder hat einen, was dieses Symbol ziemlich universell macht. So ähnlich wie Herzen, nur anders universell. Apropos Herzen. Die hat Wudy natürlich auch drauf. Überhaupt hat er ein schier endloses Repertoire an Arbeiten. Allein die vielen Fotos, die er mir zeigt sind ein Augenschmaus.
Wudy steckt mich mit seiner Begeisterung an. Er erzählt und erzählt und eine Idee nach der anderen sprudelt aus ihm heraus. Ich spinne mit und wir entwickeln einen sonntäglichen Plan im Grünen, wie wir unsere Skills win-win mässig zusammenführen können.
Dieser Blogpost ist ein hervorragender Anfang.
Im real life findet man Wudys Arbeiten übrigens hauptsächlich in Berlin (Wedding, Prenzlauer Berg und Lichtenberg), aber auch in Spanien, Frankreich und Thailand hat er sich schon umfänglich ausgetobt, wie er fröhlich anfügt.
Und immer sind seine Homies Buder, Lazy und Chuk nicht weit.
So und jetzt noch ein echter Hammer.
Wudy stellt mir nämlich 6 seiner handgemachten und garantiert dauerhaft klebenden Stickerkunstwerke zur Verfügung, um sie an euch zu verschenken.
An jeden, der hier kommentiert. Bei mehr als 6 Kommentaren entscheidet das Los. (Einsendeschulz: 15.07.16)
Danke Wudy!
Und nu ran an die Buletten.
Bass ahoi
Saetchmo